Ein Zuwenig von etwas kann genauso traumatische Prägungen hinterlassen wie ein Zuviel. Defizite im Kontakt, in der Regulation und im Schutz wirken sich nicht nur auf psychischer, sondern auch ganz konkret auf körperlicher Ebene aus: Muskelspannung, Gestik, Faszientonus geben Aufschluss über unsere (Nicht-) Erlebnisse!
In den beiden ersten Lebensjahren entwickelt ein Kind durch adäquaten Kontakt und genügend Sicherheit ein stabiles Körpergefäss, welches ein wichtiges Fundament für Resilienz und Beziehungsfähigkeit bildet.
Dieses stabile Körpergefäss ist unerlässlich, damit traumatische Erfahrungen gehalten, reguliert und integriert werden können. Ein instabiles Körpergefäss führt zu Hypersensitivität, einem schmalen Toleranzfenster, Rückzugstendenzen, emotionaler Abhängigkeit u.a.
Nachnähren des Körpergefässes durch Massage
«Nachnähren“ bedeutet, dem Körper und Nervensystem etwas zu geben, was in der Vergangenheit gefehlt hat – z. B. Sicherheit, Zuwendung, Berührung, Geborgenheit. Es basiert auf der Idee, dass der Körper emotionale Erfahrungen speichert und durch bewusste, nährende Berührung nachträglich reguliert und geheilt werden kann.
Durch die Massage erzielt der Therapeut/die Therapeutin nicht nur Muskellockerung, sondern auch eine Veränderung auf tiefer emotionaler und energetischer Ebene. Dabei sind folgende Elemente entscheidend:
- Langsame, rhythmische Streichungen aktivieren den Parasympathikus, was das Ruhe- und Heilungssystem anspricht.
- Während der Massage ist es wichtig für den Patienten/die Patientin Gefühle, Bilder, Erinnerungen die Auftauchen wertfrei zuzulassen. Der Atem hilft dabei, die Empfindungen zu integrieren.
- Die Präsenz des Therapeuten/der Therapeutin ist zentral: ein sicherer, mitfühlender Kontakt wirkt heilsam. Ebenso trägt sanftes Licht, eine wärmende Decke oder ein angenehmer Duft zum benötigen Ambiente bei.
Während einer solchen Massage schüttet unser Körper Oxytocin (Bindungshormon) aus, welches uns ein Gefühl von Sicherheit und Nähe vermittelt. Ebenso wird die Cortisol-Ausschüttung reduziert, was unser Nervensystem beruhig. Durch feinfühlende und achtsame Berührungen lernt unser Körper, dass menschliche Nähe sicher und wohltuend sein kann.
Autor: Kay Vogel
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