Bei einer Erkältung rät der Volksmund zu viel Tee trinken und ausruhen, bei einer Verstauchung zur PECH-Regel (P = Pause / E = Eis/kühlen / C = Compression stabilisieren/verbinden / H = hochlagern). Jeder hat dafür Verständnis und niemand hinterfragt solche Erkrankungen kritisch. Doch was, wenn die Seele leidet?
Rund 18% der Schweizer Bevölkerung (ab 15 Jahren) litten im Jahr 2022 unter mittleren oder hohen psychischen Belastungen. Frauen leiden dabei häufiger (21.1%) unter psychischen Störungen als Männer (14.4%).
Burnout, Depressionen, Schizophrenie oder Angststörungen sind nicht nur für Betroffene, sondern auch für ihr Umfeld eine schwierige Herausforderung, denn nicht immer sind Verständnis und Akzeptanz vorhanden. Dabei kann es jeden treffen und die Zahl der Betroffenen steigt stetig: in den vergangenen 10 Jahren hat sich die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage, die auf psychische Erkrankungen zurückzuführen ist, verdoppelt! Wie kann diesem Trend also entgegengewirkt werden?
In der Behandlung von psychischen Erkrankungen sind Psychotherapie und Medikamente noch immer sehr wirksame Behandlungsstrategien, allerdings gewinnt die Wirkung von Bewegung/Aktivität und Ernährung in der Prävention und der Therapie immer mehr an Bedeutung.
Bewegung bei psychischen Erkrankungen
Bewegung erhöht die körperlichen Fertigkeiten und verbessert die Akzeptanz des eigenen Körpers. Das daraus resultierende positive Körpergefühl stärkt den Selbstwert, was eine wichtige psychische Gesundheitsressource ist. Jede Veränderung auf körperlicher Ebene bringt auch eine Veränderung auf der emotionalen Ebene mit sich und umgekehrt.
Laut einer Studie (Schuch et al., 2022) kann körperliche Aktivität bei leicht und mittelgradigen Depressionen in einem ähnlichen Masse wirksam sein, wie die medikamentöse Therapie. Auch für Angststörungen oder Schizophrenie existieren Untersuchungen, die eine positive Wirksamkeit verschiedener Bewegungsarten nachweisen. Wichtig dabei ist immer, dass die gewählte Bewegungsform zur betroffenen Person passt, damit eine langfristigen Ausrichtung möglich ist.
Hier ein paar Ideen wie sich einzelne Aktivitäten auf den menschlichen Organismus auswirken:
Ausdauertraining (Walking, Fahrradfahren, Joggen)
Körperliche Effekte
- Stärkung von Herz-Kreislauf und Muskulatur
- verbesserte Sauerstoffversorgung des Gehirns
- Steigerung der Schlafqualität (da Bewegung im Freien)
- Verbesserung der mentalen Fähigkeiten
Psychische Effekte
- Stärkung von Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl (z.B. nicht so schnell erschöpft sein)
- Verbesserung der Körperwahrnehmung
- Aufbau eines gesunden / aktiven Lebensstils
Krafttraining
Körperliche Effekte
- Kräftigung der unterschiedlichen Muskelgruppen
- Schmerzreduktion
- Gewichtsreduktion
- Energiegewinnung im Alltag
Psychische Effekte
- Ablenkung
- Krise durch „eigene Kraft“ überwinden
- Verbesserung des Körpergefühls/z. B. Wahrnehmen von Fehlhaltung
- Stärkung und Entwicklung einer eigenverantwortlichen Gestaltung der individuellen Gesundheit
Yoga, Qi Gong, Tai Chi
Körperliche Effekte
- Steigerung der Flexibilität und Beweglichkeit
- Verbesserung der Rumpfstabilität
Psychische Effekte
- Stärkung von Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl
- Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit
- Verbesserung der Körperwahrnehmung
Therapeutisches Klettern
Körperliche Effekte
- Förderung der Kraftausdauerleistung
- Förderung der koordinativen Fähigkeiten (Orientierungs- und Gleichgewichtsfähigkeit)
- Verbesserung der Körperwahrnehmung und Körperhaltung
Psychische Effekte
- Regulation von Anspannung, Angst und Stress
- Erleben von Selbstwirksamkeit
- Aufbau von Vertrauen (sichern und gesichert werden)
Ernährung bei psychischen Erkrankungen
Die Verbindung zwischen der Psyche und der Funktion des Verdauungstraktes wird bereits vom Volksmund thematisiert, wie die Redewendung „Mir liegt etwas schwer auf dem Magen» oder «Mir ist eine Laus über die Leber gelaufen“ verdeutlicht. Bereits Hippokrates hat auf diesen Zusammenhang hingewiesen: „Der Darm ist der Vater allen Trübsals.“
Zusätzlich kommt es bei psychischen Erkrankungen zu verschiedenen Auswirkungen im Organismus. So werden mehr Stresshormone ausgeschüttet oder erhöhte Entzündungsparameter im Blut nachgewiesen. Ebenso geht die veränderte Stoffwechsellage mit der Entwicklung von neurodegenerativen Prozessen einher.
Hier kann eine gesunde, ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung sehr gut entgegenwirken.
In ersten Linie ist es wichtig potenzielle Mangelzustände, wie zum Beispiel Mikronährstoffe- (Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe), Fettsäuren- oder Aminosäuren-Mängel zu erkennen und zu beheben. Obwohl für viele einzelne Nährstoffe positive Effekte auf die Psyche bzw. Verbesserungen der Therapieerfolge nachgewiesen sind, haben sich natürliche Nährstoffkombinationen deutlich besser bewährt als die Gabe einzelner Stoffe. Beispielsweise zeigt eine Studie (Melse‑Boonstra, 2020), dass Vitamine aus Obst oder Gemüse zusammen mit den sekundären Pflanzenstoffen darin mehr als 200-mal stärker wirken als einzelne (isolierte) Vitamine.
Als Grundernährung eignet sich die mediterrane Kost sehr gut. Die Essgewohnheiten der Mittelmeerländer zeichnet sich durch einen hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukten, Nüssen und Samen aus. Olivenöl ist dabei die Hauptquelle für Fett. Fisch und Meeresfrüchte werden regelmässig gegessen, während Fleisch und Milchprodukte in Massen genossen werden. Diese Ernährungsweise ist reich an Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen, gesunden Fetten und wichtigen Aminosäuren. Zudem ist die Freude an Genuss, heiterer Geselligkeit und Kommunikation ein wesentliches Element der mediterranen Esskultur.
Konkrete Empfehlungen für die mediterrane Ernährung:
Getränke
- 1.5 - 2 Liter stilles Mineralwasser pro Tag (alternativ ungesüssten Kräuter-/Früchtetee)
Gemüse, Salat, Früchte, Beeren
- pro Tag 3 – 4 Portionen Gemüse essen, mind. 1 Mal roh (Dip, Salat)
- pro Tag 2 – 3 Portionen Früchte, möglichst roh
Diese Nahrungsmittel enthalten einen hohen Anteil an Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen und sind reich an sekundären Pflanzenstoffen (Farb-und Aromastoffe), welche dem Körper als Schutzstoffe (Antioxidantien) dienen. Viele der wirkungsvollen Inhaltsstoffe sind vorwiegend in der Haut und Schale, ausserdem empfehlen wir eine saisonale Auswahl von Gemüse und Früchten.
Knoblauch, Zwiebeln, Kräuter
- reichlich Zwiebeln, Knoblauch und frische oder getrocknete Kräuter verwenden
Diese helfen den Salzkonsum zu reduzieren und fördern die Verdauung.
Getreideprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte
- pro Tag mind. 3 Portionen stärkehaltige Beilagen wie Brot, Kartoffeln, Reis, Mais, Getreide oder Teigwaren
- pro Woche 1 x Hülsenfrüchte wie z. B. Linsen, Kichererbsen oder Bohnen
Vollkornprodukte bevorzugen, diese enthalten wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und „reinigende“, sättigende Ballaststoffe.
Nüsse, Samen, Kerne
- pro Tag 1 Hand voll Nüsse, Samen, Kerne
Diese liefern gesunde Fette, pflanzliches Eiweiss, Ballaststoffe und wichtige Mikronährstoffe
Olivenöl, Rapsöl, Streichfett
- pro Tag 2 TL hochwertiges Pflanzenöl, wie Oliven- oder Rapsöl für die kalte Küche, z.B. Salatsauce verwenden.
- pro Tag 2 TL Bratfett bzw. Öl, wie Oliven- oder Rapsöl für die warme Küche
- pro Tag 2 TL Streichfett (Butter oder hochwertige Margarine)
Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte (Eiweisse)
- pro Woche 1 – 2 Portionen Fisch (wichtige Omega 3 Fette)
- pro Woche 2 – 3 Mal eine Portion Fleisch essen, bevorzugen Sie Geflügel und weisse Fleischsorten (Kalb, Kaninchen)
- pro Woche max. 1 Mal Gepökeltes wie Schinken, Wurst oder Speck (enthält Nitritpökelsalz, Nitrit wandelt sich im Körper zu Nitrosaminen um, die Krebs erregend sind)
- pro Woche max. 1 Mal rotes Fleisch wie Rind, Lamm, Pferd, Schwein (fördert Entzündungen)
- pro Monat maximal 1 Mal Innereien wie Leber, Nieren, Kutteln (enthalten wichtige Nährstoffe sind aber auch verhältnismäßig stark mit Schadstoffen belastet)
- pro Tag 1 - 2 Portionen fettarme Milchprodukte oder Milchersatzprodukte
- pro Woche 1 – 2 Mal Eier anstelle von Fleisch einplanen
Süssigkeiten mit Mass genissen
- pro Woche 2 - 3 kleine Süssigkeiten. Dies tut dem Herzen und der Seele gut.
Autorin: Fiona Lanfranconi
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